Vom Original zum Portal

Bei seinem Besuch in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek am 1. September 2022 hat der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, das Pilotprojekt zur Verteilten Digitalen Landesbibliothek Niedersachsen freigeschaltet. Die von den drei Landesbibliotheken erschlossenen und digitalisierten Karten sind im neu konzipierten kartenspeicher frei zugänglich. Zugleich besichtigte Thümler den anlässlich des Abschlusses des Pilotprojektes in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek eröffneten Themenblock in der Dauerausstellung WISSENSWELTEN und die Digitalisierungswerkstatt der Bibliothek als einen Ort des Geschehens, um den Weg vom Original zum Portal nachzuvollziehen.

 

Innerhalb von drei Jahren (2019–2021) haben die niedersächsischen Landesbibliotheken – die Landesbibliothek Oldenburg, die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – bedeutende Bestände ihrer historischen Kartensammlungen erschlossen und digitalisiert. Die Kartenblätter aus diesen drei Sammlungen bilden einen herausragenden Quellenfundus und ein kostbares Kulturerbe des Landes Niedersachsen. Das Projekt wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) als Auftakt der Verteilten Digitalen Landesbibliothek Niedersachsen (VDLN) mit rund 450.000€ gefördert. Insgesamt gelang es den Landesbibliotheken, über 8.000 Kartenwerke mit über 15.000 Digitalisaten virtuell bereitzustellen.

 

„Der neue Kartenspeicher lässt mein Historiker-Herz höherschlagen“, so Niedersachsens Wissenschafts- und Kulturminister Björn Thümler. „Die drei Bibliotheken besitzen gemeinsam einen wirklich bedeutenden Altkartenschatz, der durch die virtuelle Zusammenführung jetzt ein herausragendes historisches kartographisches Dokumentationsfeld für die weltweite Öffentlichkeit und die Wissenschaft sichtbar und zugänglich macht. Der Kartenbestand, der nicht nur den geographischen Raum zwischen Ems und Elbe, Nordseeküste und Harz umfasst, weist das Interesse der niedersächsischen Fürsten der Frühen Neuzeit und des 19. Jahrhunderts am Weltgeschehen aus. Der Kartenpool der Landesbibliotheken zeigt damit den Raum Niedersachsen in seiner geschichtlichen Entwicklung sowie die Teilhabe Niedersachsens an der geschichtlichen Entwicklung der Welt.“

 

In Zusammenarbeit mit der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes in Göttingen (GBV) wurde das Kartenportal durch Förderung des MWK wesentlich weiterentwickelt, um materialspezifische Recherche und Nachnutzung zu ermöglichen. Neuerungen sind dabei verschiedene Sucheinstiege, die Übernahme der Daten als IIIF-Manifeste und die Kennzeichnung aller Digitalisate mit möglichst offenen Lizenzen bzw. unter Public Domain – dadurch wird eine hohe Nachnutzbarkeit gewährleistet. Insbesondere wurde eine graphische Suchoberfläche als kartenbasierter Sucheinstieg implementiert: So können Nutzerinnen und Nutzer über eine Übersichtskarte intuitiv nach historischen Karten recherchieren. Grundlage hierfür sind die geolokalisierten, also mit Koordinaten angereicherten Kartenblätter. Die Entwicklung des kartenspeichers ist nicht abgeschlossen, vielmehr sollen weitere Bibliotheken und Sammlungen als Partner gewonnen werden und weitere nachfrageorientierte Features mit den Forschungscommunities entwickelt werden.

 

Einen Schwerpunkt der Kartensammlungen bilden regionale Karten – für die Landesbibliothek Oldenburg aus dem Raum des ehemaligen Großherzogtums Oldenburg, für die Herzog August Bibliothek für das einstige Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel und für die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek für das ehemalige Königreich Hannover. Im kartenspeicher werden diese verteilten physischen Kartenbestände virtuell zusammengeführt und sind damit erstmalig an einem Ort digital zugänglich.

 

Corinna Roeder, Direktorin der Landesbibliothek Oldenburg, wies darauf hin, dass im „kartenspeicher erstmals wertvolle historische Karten der Landesbibliothek Oldenburg weltweit sichtbar sind, die bisher überhaupt noch nicht erschlossen und zugänglich waren. Es handelt sich um Karten der Oldenburgischen Militärbibliothek und Karten von Nordwestdeutschland und den nördlichen Niederlanden aus einer Privatsammlung, die erst 2017 erworben wurde.“

 

Während des Auftaktprojektes der Verteilten Digitalen Landesbibliothek Niedersachsen konnten die drei Landesbibliotheken umfangreiche Synergieeffekte aufbauen und nutzen. Ein Schwerpunkt lag dabei auf einheitlichen Digitalisierungsprinzipien und Standards bei der Erschließung der Karten.

 

„Hervorzuheben ist die gelungene Kooperation zwischen den Landesbibliotheken, der Verbundzentrale und dem beteiligten Dienstleister. So haben alle Beteiligten bei dem Projekt viele neue Erfahrungen gemacht und dazugelernt, etwa im Bereich der IIIF-Darstellung der Digitalisate“, betonte Dr. Johannes Mangei, stellvertretender Direktor der HAB Wolfenbüttel.

 

Wissenschaftsminister Björn Thümler schaltete im Rahmen seines Besuches die Karten des Pilotprojektes der Verteilten Digitalen Landesbibliothek Niedersachsen im kartenspeicher frei und nutzte vor Ort die Gelegenheit, der in den letzten Jahren unter anderem durch Förderung des MWK ausgebauten Digitalisierungswerkstatt der GWLB einen Besuch abzustatten, wo die Originale digitalisiert werden.

 

„Unsere ausgewiesenen Kartenspezialisten haben hier in einem tollen Kooperationsprojekt einen spannenden Forschungsfundus geschaffen und gleichzeitig ist das Kartenportal auch für Laien interessant und leicht zu bedienen und erlaubt Einblicke in die kartographische Historie einer Region. Wir wünschen uns, dass auf das Pilotprojekt weitere Projekte folgen, damit die Verteilte Digitale Landesbibliothek um weitere digitale Sammlungen wachsen kann“, so Anne May, Direktorin der GWLB.

 

Zum Projektabschluss werden bis Ende Mai 2023 ausgewählte Karten in den WISSENSWELTEN, der Dauerausstellung der GWLB, gezeigt. Neben Themen wie den niedersächsischen Küstenverläufen, der Gaußschen Vermessung oder der Venedigreise Kurfürstin Sophies, wird auch die Digitalisierung von Großformaten thematisiert. Digital ist auch die Vermittlung: Jeder Ausstellungsteil verweist per QR-Code auf einen Blogbeitrag des zum 75-jährigen Landesjubiläum gestarteten Kartenblogs auf historische-karten.gbv.de hin, den die drei Landesbibliotheken gemeinsam betreiben.

 

Informationen zum Kartenspeicher: https://kartenspeicher.gbv.de/

Informationen zum Blog: https://historische-karten.gbv.de/

Der Text beruht auf der Pressemitteilung der GWLB vom 01.09.2022

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