Die hier gezeigte Landkarte aus der Landesbibliothek Oldenburg (Abb. 01) erschien gegen Ende des 17. Jahrhunderts in etlichen Atlanten des Amsterdamer Verlages Schenk und Valk. Sie ist zunächst einmal ziemlich verwirrend, besteht sie doch aus zwei Teilen übereinander und weist keinen Titel auf.
Hinweise auf den Autor fehlen ebenso wie sonstige Angaben zur Entstehung der Karte. Nicht einmal der Verlag ist genannt. Schaut man sich das Blatt genauer an, stellt man fest, dass die beiden Teile auch noch um 180 Grad gegeneinander gedreht sind. Das bedeutet, dass ein Kartenteil stets „auf dem Kopf“ steht. Immerhin kann man erkennen, dass Teile der Grafschaft Oldenburg dargestellt sind.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hatte die Produktion von Land- und See-Karten in den Niederlanden ihren Höhepunkt bereits überschritten. Einer der Verlage in Amsterdam „lebte“ fast ausschließlich von den Hinterlassenschaften der großen Häuser Blaeu und Janssonius. Gerard Valk (Valck, 1651-1726) war es 1673 gelungen, die Kupferplatten aufzukaufen, die beim großen Brand des Verlagsgebäudes von Joan Blaeu übriggeblieben waren. Zehn Jahre später hatte er dann mit seinem jungen Partner Petrus Schenk gemeinsam das Glück, alle Platten des Hauses Janssonius erwerben zu können.
Während die beiden sicher sein konnten, die ansprechendsten Karten ihrer Zeit relativ einfach produzieren zu können, mussten die Konkurrenten neue Platten erst stechen lassen. In der Regel bemühten sich diese, vorhandene Karten zu kopieren, das heißt, sie ließen “abkupfern“. Immerhin konnten sie dabei Veränderungen der Topographie berücksichtigen und in ihre Karten übertragen. Das ergab dann immerhin eine gute Werbemöglichkeit.
Petrus Schenk (Schenck, 1660-1711) war in Wuppertal-Elberfeld geboren und ging in jungen Jahren nach Amsterdam. Er muss ein guter Schüler gewesen sein, denn sein Lehrer Gerard Valk machte ihn bereits zum Teilhaber, als er erst dreiundzwanzig Jahre alt war. Der Deutsche nannte sich fortan Pieter und heiratete die Schwester seines Partners.
Von jeweils einem Teil zweier Abdrucke stammt die hier gezeigte Karte, hergestellt im Verlag von Joan Janssonius. Auch wenn man schließlich erkennen kann, dass es sich bei dem dargestellten Gebiet um die Grafschaft Oldenburg handelt, so kann es sich doch nicht wirklich um eine eigenständige Karte handeln. Um die Karte in ihrer ursprünglichen Fassung wieder herzustellen, ist es erforderlich, zwei weitere Kartenteile zu berücksichtigen, die – ebenfalls übereinander angeordnet – eine Darstellung der Unterweser ergeben.
Die Zusammenfügung aller vier Teile ergibt die ursprüngliche Karte (Abb. 02). Es handelt sich um die Darstellung der Weser von Bremen bis zur Mündung in dem ursprünglichen Format von 103 x 37 cm.
Hätte diese Karte in einem Atlas eingefügt werden sollen, wäre eine zweifache Faltung notwendig gewesen. Die Version der Abbildung 02 ist diejenige, die in den Atlanten Verwendung gefunden hatte (Abb. 03). Es ergab sich auf diese Weise ein Format von 58 x 50 cm. Das war die Größenordnung, die für die Druckplatten aus Kupfer noch in Betracht kam. Janssonius hat diese Karte erstmals 1658 in seinen “Atlas Absolutissimus“ aufgenommen. Bis dahin konnte nur die ursprüngliche Langversion als Einzelblatt erworben werden.
Es war in der damaligen Zeit gar nicht selten, dass große Atlanten mit mehreren hundert Karten für einen Kunden auf dessen speziellen Wunsch zusammengestellt wurden. Den wohlhabenden Amsterdamer Kaufleuten war es wichtig, dass ihr neuer Atlas möglichst viele Karten aufwies. So konnte es geschehen, dass auch solch ein Blatt, wie es hier zu sehen ist, mit aufgenommen wurde (Abb. 4).
Mit einer solchen “Reste-Karte“ wurde die Gesamtzahl der Blätter erhöht. Es ging den niederländischen Verlagen jetzt vor allem ums Geschäft, und den Kunden um den schönen Schein.
Eine Besonderheit zeigen diese Blätter jeweils noch zusätzlich: Über alle Teile ist ein schräges Gitternetz gelegt worden. Das rührt daher, dass der letzte Eigentümer des Verlages Janssonius, Janssonius van Waesberghe, die Kupferplatten 1673 an Moses Pitt in England übergeben hatte. Dort erwarteten wohl beide das ganz große Geschäft. Pitt begann zunächst damit, alle Platten mit eben diesem Gitternetz zu versehen. Er vermutete, damit den Sehgewohnheiten der Briten entgegen zu kommen, waren in England bis dahin doch vor allem See-Karten im Handel gewesen. Von den geplanten 12 Bänden des “English Atlas“ wurden schließlich nur 4 fertig gestellt. Stolze 1000 Pfund sollte jeder Band kosten, aber die Nachfrage entsprach in keiner Weise den Erwartungen. Andererseits waren die Schulden inzwischen so hoch aufgelaufen, dass Pitt Konkurs anmelden musste. Er landete für mehrere Jahre im Gefängnis. Die Kupferplatten aber kehrten nach Amsterdam zurück – in den Verlag Schenk und Valk.
In einem weiteren Beitrag wird über den Anfang der Weser-Karte einzugehen sein.
Die Abbildung 01 stammt nicht von Schenk/Valk sondern aus „The English Atlas,Vol.III von Moses Pitt, Oxford, 1683, denn 1. ist die für Pitt typische Seitenzahl XX links unten zu sehen, zweitens fehlt die Verlagsangabe, wie sie z.B. auf Blatt 02 und 03 zuerkennen ist. Die ganze Karte von Pitt ist hier zu betrachten: https://digital.lb-oldenburg.de/lbolmap/content/zoom/1636655 . Vergleicht man die Gesamtkarte mit anderen Exemplaren von Schenk und Valk, so fallen besonders Unterschiede zur Karte in der GWLB in Hannover auf. Die Karte http://digitale-sammlungen.gwlb.de/resolve?PPN=100653537 ist besonders interessant weil sie 1. Zusätzlich: Schrift bei Elsvliet : PARS COMITATVS OLDENBVRGENSIS besitzt, 2. gibt es handschriftliche Zusätze a. oberhalb des Kartenrahmens: Neustadt Gödens und Herrschafft Gödens b. links oben: olim DIOECESIS MONASTERIENS nunc COMITATÛS HOYA PARS c. handschriftliche Bennennung einiger Inseln im Jadebusen sowie viele weitere handschriftliche Eintragungen!! d. An anderen Stellen der Karte sind Dinge gelöscht oder durchgestrichen worden. Diese Karte ist eine ganz besondere Analyse wert. Die zweite Karte bei der GWLB weist diese Veränderungen nicht auf! Auf der Valk-Karte in der Königl.Bibliothek in Kopenhagen kann man sehr gut erkennen, dass ein Streifen der einen Karte beim Zusammenfügen über dem anderen liegen sollte. Das ist beim Exemplar der KB nicht gelungen, so dass die Orte Harpstede ,Berne und Sweihe doppelt erscheinen.
Siehe: http://www5.kb.dk/maps/kortsa/2012/jul/kortatlas/object76978/da/
Das Publizieren und spätere Zusammenfügen der Kartenbestandteile führt also zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen dieser sehr interessanten und recht seltenen Weserkarte.